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Fälschung des Impfpasses war auch nach alter Gesetzgebung strafbar
von admin

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil am 10. November entschieden, dass die Fälschung von Impfbescheinigungen auch nach der alten Rechtslage eine Urkundenfälschung nach § 267 Strafgesetzbuch (StGB) war. Eine Sperrwirkung des § 277 a.F., die Fälschung von Gesundheitszeugnissen betreffend, habe nicht bestanden (Urt. v. 10.11.2022, Az. 5 StR 283/22). Damit machen sich auch Täter strafbar, die Impfausweise mit dem Nachweis einer Corona-Impfung, die angeblich vor dieser Gesetzesänderung stattgefunden hat, herstellen, verkaufen oder vorlegen.

Am 24. November 2021 wurde das Gesetz geändert, weil unklar war, ob eine Strafbarkeitslücke bestand. Hintergrund war ein vom BGH verhandelten Fall, in dem das Landgericht Hamburg den Angeklagten von mehrfachen rechtmäßigen Fälschungen freigesprochen hatte (Urteil vom 01.03.2022, Az. 634 KLs 8/21). Der Mann hatte insgesamt 19 Sars-CoV-2-Impfungen auf den von ihm ausgestellten oder bereits bezahlten Impfscheinen vermerkt, zusammen mit dem Namen des Impfstoffs und der Chargennummer. Er versah diese Dokumente mit dem angeblichen Siegel der Impfstelle und einer gefälschten oder fiktiven Unterschrift des angeblichen Impfarztes.

Das Landgericht konnte den Angeklagten jedoch aus den folgenden Gründen nicht verurteilen: Eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung nach § 277 StGB a.F. kam nicht in Betracht, weil diese Vorschrift seinerzeit voraussetzte, dass die gefälschten Urkunden von einer Behörde oder Versicherung verwendet wurden, was bei der Verwendung in einem Feinkostladen oder einer Apotheke nicht der Fall war. Einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung nach § 267 StGB stehe entgegen, dass es sich bei § 277 StGB a.F. um eine unumstrittene Sondervorschrift handele, die den Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht verbiete, so das Landgericht. Es war zudem nicht das einzige Gericht, das diese Ansicht vertrat. Kürzlich hat auch das Oberlandesgericht Bayern (OLG) die Strafbarkeit der Urkundenfälschung abgelehnt (Beschluss vom 03.06.2022, Az. 207 StRR 155/22).

Die Hauptargumentation war folgende: Es erscheint widersprüchlich, dass die Vorlage eines falschen ärztlichen Attests bei Behörden und Versicherungen mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft wird, während die Vorlage eines falschen Impfscheins in einer Apotheke oder einem Restaurant mit bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet wird. Mögliche Gründe für diesen Widerspruch liegen darin, dass der Gesetzgeber von 1871 nicht vorhersehen konnte, dass eine Impfbescheinigung im Zusammenhang mit einer Pandemie von solchem Wert sein würde. Sie betrachtete gefälschte Gesundheitszeugnisse einfach als weniger „gefährlich“ als andere gefälschte Dokumente und wollte die geringere Strafe nur in ganz besonderen Fällen anwenden. Da das Strafrecht nicht gegen Kriminelle ausgelegt werden kann, entstand eine Lücke in der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die dringend geschlossen werden musste.

Dagegen haben das OLG Hamburg, das OLG Stuttgart, das OLG Schleswig und das OLG Celle die Strafbarkeit der Urkundenfälschung bejaht und damit das Bestehen einer Strafbarkeitslücke widerlegt. Diese Auffassung vertrat auch das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG), legte aber wegen einer anderen Auffassung des bayerischen OLG Revision beim Bundesgerichtshof ein (Urteil vom 26.07.2022, Az. 2 Rv 21 Ss 262/22). Aufgrund dieser Rechtsunsicherheit hat der Gesetzgeber das StGB entsprechend geändert und in § 279 n.F. eine Haftung für die Vorlage falscher ärztlicher Atteste eingeführt, unabhängig davon, wem sie vorgelegt wurden.

Infolgedessen wurde der Freispruch für einen der Angeklagten aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen.